Naturwissenschaft – Geisteswissenschaft Ihre Bedeutung im sozialen Organismus

Text & Bild: HERMES-Österreich.          Max Planck kommt nach redlichen Bemühungen um naturwissenschaftliche Erkenntnisse zum Schluss „Alle Materie entsteht und besteht nur durch eine Kraft, welche die Atomteilchen in Schwingung bringt und sie zum winzigsten Sonnensystem des Alls zusammenhält.“

Da es im ganzen Weltall aber weder eine intelligente Kraft noch eine ewige Kraft gibt – es ist der Menschheit nicht gelungen, das heißersehnte Perpetuum mobile zu erfinden – so müssen wir hinter dieser Kraft einen bewussten intelligenten Geist annehmen. Dieser Geist ist der Urgrund aller Materie. Nicht die sichtbare, aber vergängliche Materie ist das Reale, Wahre, Wirkliche – denn die Materie bestünde ohne den Geist überhaupt nicht – , sondern der unsichtbare, unsterbliche Geist ist das Wahre!

Da es aber Geist an sich ebenfalls nicht geben kann, sondern jeder Geist einem Wesen zugehört, müssen wir zwingend Geistwesen annehmen. Da aber auch Geistwesen nicht aus sich selber sein können, sondern geschaffen werden müssen, so scheue ich mich nicht, diesen geheimnisvollen Schöpfer ebenso zu benennen, wie ihn alle Kulturvölker der Erde früherer Jahrtausende genannt haben: Gott!

Damit kommt der Physiker, der sich mit der Materie zu befassen hat, vom Reiche des Stoffes in das Reich des Geistes. Und damit ist unsere Aufgabe zu Ende, und wir müssen unser Forschen weitergeben in die Hände der Philosophie.“ 1) Wir haben der Naturwissenschaft viel zu verdanken – exaktes, klares Denken, die Erforschung alles Materiellen, der äußeren Natur, Aufzeichnung, Analysieren und Aufbereitung in Zahlen, Zusammenschau verschiedener Forschungsergebnisse, genaue Beobachtung der Phänomene des Weltalls, um nur einiges zu nennen. Durch das naturwissenschaftliche, materialistische Denken lernten wir die äußere Welt verstandesmäßig begreifen. Wie die physischen mit den seelischen und geistigen Vorgängen zusammenhängen sowohl in der Natur als auch im Menschen können wir allerdings nicht daraus erkennen

Für das Erfassen des gesamten Menschenwesens und des sozialen Organismus eignet sich das naturwissenschaftliche Denken nicht. 2) Mit der gleichen Exaktheit ist es aber notwendig, das geisteswissenschaftliche Üben und Erkennen zu betreiben.

In der Gegenwart müssen wir – wollen wir wirkliche, sozial zukunftstragende Gedanken fassen – durch die naturwissenschaftlichen Begriffe hindurch in die Tiefen der Seele dringen, um das für die Zukunft Wesentliche zu erkennen und ein umfassendes Verständnis für die Welt und den Menschen zu gewinnen. 3)

Die Rechts- und die Wirtschaftssphäre werden ganz anders gestaltet, wenn wir Verständnis für unsere Mitmenschen entwickeln, wenn der Mensch nicht nur als leiblich-physisches sondern auch als seelisch-geistiges Wesen betrachtet wird. Brüderliche Verhältnisse im Wirtschaftsleben stellen sich eher ein, wenn wir die sozialen Zusammenhänge als lebendigen Organismus begreifen und einsehen, dass wir nur füreinander produzieren und arbeiten können.

Der Preis muss die Kosten für das Produkt und den Unterhalt für die Menschen abdecken und Schenkungsgeld ist notwendig für die Ausbildung der jungen und Versorgung der älteren Generation. Für den sozialen Organismus ist es in diesem Sinne unerlässlich, das naturwissenschaftliche Kopf-Denken durch das lebendige Denken und schließlich durch das Herz-Denken zu ergänzen.

  1. Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft, Abt. Va, Rep. 11 Planck, Nr. 1797
  2. Rudolf Steiner, Vergangenheits- und Zukunftsimpulse im sozialen Geschehen, GA 190, S. 98.
  3. Rudolf Steiner, Grenzen der Naturerkenntnis, GA 322, S.9.
Permalink