Der bäuerliche Wald

Wie kann der Wald gestärkt werden, um gegen schädigende Einflüsse besser gerüstet zu sein?

Text: Grundlage ist der Bericht von Karl Büchel über das zweitägige Waldseminar im Demeter-Betrieb der Familie Regenfelder, Kärnten, vom 21. und 22. April 2023. Gekürzte Bearbeitung: Norbert Liszt. Fotos: Karl Renner

Seminarleiter:

Der Schweizer Karl Büchel ist Forstingenieur, biodynamischer Forscher, Baumpfleger, Gründungsmitglied von „Pro Silva Schweiz“, Spezialist für naturgemäße Waldpflege und Präparate für Bäume.

Der Oberösterreicher Hubert Renner ist Förster und Verwalter eines großen Privatforst- und Biobetriebes. Er betreibt naturnahe Forstwirtschaft und ist aktives Mitglied bei «Pro Silva».

Im Demeterbetrieb in Kraig bewirtschaftet Emil Regenfelder neben der Mutterkuhhaltung auf 47 ha auch 50 ha Wald. Während der Besichtigung der 3 Waldstücke gab es viel interessanten Diskussionsstoff: Wie soll es mit dem Wald weitergehen? Was können wir aus der bisherigen Tätigkeit lernen und wo liegen noch Optimierungsbereiche? Fragen und Lösungen zur Verbesserung kamen nicht nur von den Waldspezialisten Hubert Renner und Karl Büchel, sondern auch von den 16 Teilnehmern und Teilnehmerinnen.

Der Wald ist ein Gebiet von Dauervegetation, deren Mischung von Jung und Alt und verschiedenen Arten resiliente Stabilität aufbaut.

Durch Trockenheit, Sturm, Schädlinge, Verbiss, Artenarmut beim Baumbestand und der Tierwelt entstehen Schäden.

So ist z.B. die Vitalität der Fichte durch die Trockenheit geschwächt, auch sind kleinkronige Bäume mit kleinen Wurzeln in den Bodenschichten anfälliger. Wenn die Käferpopulationen nicht von Anfang an rigoros bekämpft werden, gibt es auch den Fall, dass ein vitaler Baum von so vielen Borkenkäfern beflogen wird, dass er abstirbt.

Borkenkäfer gehören zum Wald. Sie haben die Aufgabe schwächere Gehölze für die Vererdung vorzubereiten. Bio-dynamische Präparate können die Wurzelaktivität anregen und die Verholzung verbessern, sodass die Abbauspezialisten (Pilze, Borkenkäfer, etc.) weniger zum Einsatz kommen müssen. In jedem Waldgebiet sind Mutterbäume (Samenbäume) wichtig, da die Naturverjüngung von heimischen Baumarten die besten Voraussetzungen für die stete Walderneuerung darstellen. So müssen wir im Gebiet ältere Tannen, Lärchen, Traubeneichen, Linden, Eschen, Berg- und Spitzahorn, Schwarz- und Grauerlen, Birken und Pappeln erhalten.

Waldränder

Der Übergang von Wald zu Feld ist manchmal artenarm und mitunter sehr steil. Der Waldrand ist nicht geschlossen, sodass Wind und Wärme weit in den Wald hinein trocknen können. Ebenso fehlen teilweise die früchtetragenden Bäume und Sträucher. Der Waldrand ist idealerweise so breit, wie der höchste Baum hoch ist. Für den Wald ist es nützlich, wenn in den letzten 30 Metern vor dem Feld kleinere und größere Bäume und Sträucher in bunter Mischung gedeihen können, um das feuchtere Innenklima zu halten und dem Sturm keine Angriffsfläche zu bieten. Ebenso profitieren die Freiflächen von vielen Nützlingen aus dem Waldrand, auch ist der Waldrand oder ein Saum im Wald das ideale Areal um neue Arten einzubringen.

Der strukturierte, artenreiche Waldrand mit 100% einheimischen und europäischen Arten wirkt in das Kulturland und in den Wald hinein. Dazu gehören auch Kraut- und Saumgesellschaften, Sträucher und v.a. die Rosengewächse, sowie kleinere Bäume (wie Weidenarten, etc.) mit ihren Früchten, die ein reiches Tierleben ermöglichen.

Verbiss und die Jagd

Es hat im besagten Waldgebiet zu viele Rehe und Gämsen, jedoch kaum Raubtiere. Und die Jäger? Offensichtlich sind sie nicht in der Lage die Raubtiere zu ersetzen, sodass im Wald die Naturverjüngung der Baumarten nicht funktioniert, außer die Fichtennaturverjüngung. Da es viele Fichten zu trocken haben und vom Borkenkäfer stark dezimiert werden, sind die anderen Baumarten überlebenswichtig, die aber das Wild verbeisst und klein hält. Eine erfolgreiche Methode ist, die Terminaltriebe mit Verbissmittel zweimal jährlich einzustreichen. Dieses Vorgehen muss auch dem zuständigen Jäger erklärt werden.

Die Jagd ist für den Waldbesitzer überlebenswichtig, für die Zukunft des Waldes aber auch für gesündere, schwere Wildtiere. Zusätzlich zur Jagd werden die Wildtiere von Jägern gefüttert. Das ist der Lebensweise der Wildtiere aber nicht zuträglich, die sich dadurch angewöhnen dauernd zu fressen. Erschwerend kommt dazu, dass ranghohe Tiere den Futterplatz besetzen und die anderen Tiere mehr Schaden im Wald anrichten. Ebenso werden den Tieren Salzlecksteine im Wald dargeboten, wodurch sich Krankheiten leicht verbreiten können!

Wie erreicht die Jagd in der Praxis das gewünschte Resultat?

Jagen ist ein sportlicher Beruf, ist zeitintensiv und wird vorwiegend in den Abend- und Morgenstunden ausgeführt. – Bei der ökologischen Jagd schießt man ohne Blei und ist sich seiner Aufgabe, das Raubtier zu ersetzen, bewusst.       Es gibt einen beweglichen Hochsitz, den ein einzelner Jäger am Baum besteigt und somit von einem Hotspots jagen                      kann.                                                                                                                                                                                                     – Besonders effizient und stressfrei ist die Jagd mit dem Stöberhund und im Team. Bei dieser Jagdmethode kommt das Wild nur mit dem langsamen, kläffenden Hund in Kontakt. Der Abschuss des Wildes findet in Wartestellung statt. – Stressfrei geschossenes Wild hat eine gute Fleischqualität.                                                                                            – Die Treibjagd ist ebenso effizient, führt aber zu Stress bei den Wildtieren.

Biodiversität. Was tun gegen Austrocknung und wie komme ich zu vielfältiger Permakultur?

Die natürliche Biodiversität im Waldrandbereich entsteht durch die verschiedenen Lichtverhältnisse und dem Einfluss von Wald und Kulturlandschaft. Hier finden intensive Umsetzungsprozesse aller Art statt und ein Austausch, der allen Beteiligten nützlich ist. Laub bestimmter Bäume gibt ausgezeichneten Kompost und Tierfutter. Es bietet eine reiche Bodenfauna, die Vögel gut ernährt. Die Vögel wiederum fliegen und singen in die Landschaft hinaus, fördern das Wachsen der Pflanzen und befreien sie von Schädlingen! Problematisch für die Biodiversität ist der hohe Stickstoffeintrag unserer Zivilisation (v.a. durch Verkehr und Heizungen), der einige seltene Pflanzen verdrängt. Deshalb sollte für den Erhalt der natürlichen Biodiversität keine Stickstoffsammler (Leguminosen) gepflanzt werden.

Durch die Mischung von Bäumen und Kulturpflanzen bekommt der Wald mehrere Etagen und eine große Oberfläche, die wiederum mehr Feuchtigkeit halten und erzeugen kann.

Der resiliente Wald der Zukunft. Welche Baumarten sind erwünscht?

Unsere Wälder sind Kulturwälder mit einem Überhang an Nadelbäumen, vor allem der Fichte (Picea abies) oder Laubwälder mit einem Überhang an Buchen. Nun sind diese artenarmen Wälder aus 3-5 Baumarten durch den Klimawandel betroffen. Unter anderem führen absterbende Bäume zu Auflichtungen und dadurch zu einem trockeneren Innenklima. Es fehlt die Biodiversität aus verschiedensten Organismen, die das Ökosystem in außergewöhnlichen Situationen stabilisieren kann. Die europäischen Wälder sind eher artenarm, böten jedoch eine ganze Reihe trockenheitsverträglicher Baumarten, die heute zu wenig gefördert werden.

Folgende 17 Baumarten fehlen vielerorts in den bewirtschafteten Wäldern: Weißtanne, Eibe, Linde, Hainbuche, Schwarzerle, Traubeneiche, Stieleiche, ungarische Eiche, Vogelkirsche, Spitzahorn, schneeballblättriger Ahorn, Bergahorn, Mannaesche, Elsbeere, Birke, Pappeln und Esskastanie.

Diese produzieren ebenfalls Nutzholz und sind Lebensraum für Tiere, Pilze und Flechten und versorgen in Mischung den Wald mit Nährstoffen aus dem Laub, sodass er resilienter wird. Jeder Wald ist ein Organismus mit seinem Biom und besteht nicht nur aus Gehölzen, sondern aus vielen Lebewesen und Mikroorganismen, die zusammen eine hohe Resilienz gegen Einflüsse aufbauen können. Diese Gesamtsicht auf den Wald fehlt heute meist bei Diskussionen um den Klimawandel.

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