Kunstdünger, Kompost und Kaufverhalten

Text: Reinhard Apel, Wien

Trijollio, kaufts ma an Kuadreck o!  Trijollio, kaufts ma an o.

Trijollio, weul i an Kuadreck ho, Trijollio, kaufts ma an o.

A so a schena Kuadreck, is fia Monches guat, Im Summa fia an Brustfleck, im Winta fia an Huat.

(Steirisches Gstanzl)

 

Kunstdünger

Ein wesentlicher Faktor der modernen Landwirtschaft sind mineralische Düngemittel. Sie werden industriell hergestellt und haben die Ernteerträge zunächst stark gesteigert. Bekannt ist das Haber-Bosch Verfahren, mit dem Ammoniak industriell hergestellt werden kann. Fritz Haber erhielt dafür den Nobelpreis für Chemie 1918, Carl Bosch im Jahre 1931. Ammoniak, NH3  ist ein Grundstoff der chemischen Industrie. Er wird in großen Mengen zu Stickstoffdünger verarbeitet, einer Form des Kunstdüngers.

Was sich als Formel einfach und sauber liest, ist in der Realität ein aufwändiges Verfahren. Es braucht einen Druck von 150 – 350 Bar und Temperaturen zwischen 400 und 500 Grad Celsius. Dazu werden Unmengen an Energie benötigt. Solange der Preis der Herstellung günstig ist, war solcher Dünger für den Bauern angenehm und die Nahrungsmittelpreise für uns alle bei hoher Produktivität niedrig. Durch den erhöhten Ernteertrag kennen wir in Europa keine Hungersnöte mehr und immer weniger Menschen arbeiten in der Landwirtschaft. Ob nicht die Nahrungsmittelqualität durch Kunstdünger abgenommen hat, wiewohl die Quantität der Lebensmittel stark gestiegen ist, darf bedacht werden.

Die Grafik unten zeigt allerdings, wie stark der Nitratdünger der Natur eigentlich durch technische Gewalt abgepresst wird. Wir sind so froh, wenn unsere naturwissenschaftlichen Einsichten sich umsetzen lassen, dass wir gar nicht bemerken, wenn es die Natur niemals so machen würde wie wir. Diese gedankliche Abzweigung kann man insofern weiterverfolgen, als in der Natur hoher Druck und hohe Temperaturen selten sind. Es ist das Haber Bosch Verfahren ein typisches Beispiel für die heutige Zivilisation, die aus der den Materialismus tragenden Naturwissenschaft die technische Machbarkeit der Dinge ableitet. Man sieht den Boden als reinen Nährstoffvermittler für den Pflanzenanbau. Hat er zu wenig solcher Stoffe, dann fügt man sie eben bei. Und das möglichst technisch, kurz und knackig. Dass der Humus des Ackers in Wahrheit kein simpler Nährstoffträger ist, sondern Lebensprozesse beherbergt, lernen wir erst langsam verstehen. Das Schema der Ammoniakerzeugung sagt uns unmittelbar: wir stoppeln für den Nitratdünger etwas zusammen, was im Komposthaufen wesentlich freundlicher und naturrichtiger entsteht.

Schema des Haber-Bosch Verfahren

Es ist ein eigenes lohnendes Thema sich klarzumachen, wie man in der Natur fast nur vergleichsweise sanfte chemische und physikalische Prozesse um sich hat. Man könnte sagen: der Liebe Gott presst wenig und kommt nahezu ohne Explosionen aus. Der Autor fährt selbst gern Auto, muss aber anerkennen um wieviel besser das Pferd im Kosmos drinnensteht als unser fahrbarer Untersatz. In ihm ist es fast nur das Einschütten von Wasser oder Öl durch den Menschen, welches als normal-natürlicher Prozess bezeichnet werden kann. Mit solchen Fragen hat sich der Österreicher Viktor Schauberger intensiv beschäftigt, der in der Zwischenkriegszeit zum Begriff der naturrichtigen Technik kam. Vielleicht wäre diese – einmal gefunden – auch klimaschonender. Rudolf Steiner meinte, dass es zwar natürlich sei, materielle Gegenstände in unserer Zeit möglichst einfach und technisch – rational zu produzieren. Sobald wir das gleiche mit Lebensmitten tun, fehlt jedoch das Eingehen auf die Lebenskräfte, die hinter der Materie im Pflanzenreich stehen, und welche die eigentliche Gesundheit an unseren Organismus vermitteln. Wir bekommen heute eben in der Regel stark denaturierte Produkte auf den Teller.

Kompost und Inflation

Der Komposthaufen ist zunächst arbeitsaufwändig für den Bauern. Speziell im Demeter Landbau besteht das Ziel, im sogenannten “Hoforganismus” Tierhaltung und Pflanzenanbau immer in Einem zu betreiben. Dadurch ist der Dünger aus Pflanzenschnitt und tierischem Exkrement vor Ort vorhanden und diesbezüglich gibt es keinen Zukauf. Es gibt einen Kreislauf! Diese Ganzheitlichkeit erscheint zunächst vergleichsweise teuer und ineffizient. Dass es sie in größerem Stil gibt, verdanken wir in vieler Hinsicht der Biowelle und der Erfahrung des Verbrauchers, dass so erzeugte Nahrungsmittel anders sättigen und nähren als die konventionellen es tun. Auch jeglicher

Umweltschutz – Artenschutz – Klimaschutz ist bei Bio-Anbau immer inbegriffen, das verstehen viele Konsumenten und zahlen den sich ergebenden Preis.

In der momentanen Krise mit starkem Preisanstieg, erhöhen sich nun die Kosten der Bauern für mineralisch-synthetischen Dünger ganz ordentlich. Denn die Energiepreise steigen rasant und wie oben dargestellt, braucht die industrielle Ammoniakerzeugung viel Energie. Originellerweise hat der Bauer mit Komposthaufen also einen Vorteil aus der gegenwärtigen Inflation: Seine Kosten für die Düngung erhöhen sich prinzipiell nicht, er stellt seinen Kompost am Hof selber her. Bitteschön, nachhaltiger Anbau kann auch mal belohnt werden! Wenn man immer wieder hört, ein großer CO2 Sünder sei das liebe Vieh, so ist damit nicht die Bio – Kuh im überschaubaren Betrieb gemeint. Über derlei könnten glückliche Hühner nur lachen. Für die Zurichtung des Demeter Komposthaufens gibt es Kursangebote in diesem Heft. Es gehört natürlich noch mehr dazu als, Pflanzenschnitt und Kuhdreck. Der Kompost ist überhaupt etwas Hochinteressantes, denn in ihm findet eine Verwandlung statt. Eine Verwandlung im Dunkel, im Inneren, nicht unähnlich den Umformungen, welche die Seele in der dunklen Jahreszeit um Weihnachten herum durchlebt.

Kaufen statt Kleben

Denkt man die momentanen Appelle zur strategischen Energieunabhängigkeit zu Ende und bedenkt die Aufrufe zum Klimaschutz, liegt dann die Antwort für die Landwirtschaft nicht im Umstieg auf biologische Wirtschaftsweise? Und wer ist der beste Motor dieses Umstiegs? Sie, liebe Leserin, Sie lieber Leser. Mit Ihrem Einkauf sind Sie der entscheidende Faktor. Der Konsum zu entsprechendem Preis bewirkt am allermeisten. So war es bisher in der Entfaltung der Biowelle, die ja lange Zeit von Politik, Wirtschaft und Medien verniedlicht wurde, die der Konsument aber am Leben erhalten hat. Die Freunde der staatlichen Regeln, die sich auch mal selbst auf die Straße kleben, wollen eigentlich Eingriffe in das soziale Leben, die Etwas von einem Mechanismus, die eben etwas Hineinhackendes haben. Dies ist ein Ergebnis unseres abstrakten Denkens und man ist damit der Wesensart der Technik, die das Klimaproblem verursacht hat, gar nicht so fernstehend. Will man wirklich, dass eine allmächtige Grüne Partei irgendwann in der Zukunft die Bauern abführen lässt, die noch Mineraldünger verwenden? Im sozialen und wirtschaftlichen Leben das CO2 nach und nach herausarbeiten, prozessrichtig sozusagen, das könnte an Ende schnellergehen, als die geforderten spektakulären politischen Eingriffe. Denn diese finden irgendwie nie recht statt. Die Klimakonferenz in Scharm asch-Schaich, wäre der Ort gewesen, um Gutes zu beschließen. Was dort ward beschworen, war mehr für die Ohren. Wäre es nicht naheliegender den Einkaufsprozess bei Lebensmitteln so anzuregen, dass der Konsument selbst über seinen Kauf das Signal zum ökologischen Umstieg gibt? Zumindest lässt auch in diese Richtung das Denken sich wenden.

Kleine geisteswissenschaftliche Erweiterung

Aus anthroposophischer Sicht (Anthroposophie als Geisteswissenschaft) sei hinzugefügt, dass hier nicht der Versuch gemacht wird, die materialistische Naturwissenschaft nur genüsslich abzukanzeln. Die heutige Naturwissenschaft entspringt einem Bewusstseinsschritt, den wir in Europa nach 1500 gemacht haben. Wir haben gelernt die Welt nüchtern anzusehen und sie wurde uns zunächst zu einem riesigen Apparat. Solange wir allein die bisher gefundenen Naturgesetze wissenschaftlich denken können, muss alles so sein, wie es ist. Der Erde sagt uns ständig auf indirekte Weise, dass irgendwas da noch nicht stimmt. Daraus entspringt die Umweltfrage verwoben mit der Klimakrise und dies regt uns an, weiterzugehen mit unseren Fragen. Wenn wir das “Leben” und die Lebensprozesse auch einmal denken können, werden wir wieder Freunde der Erde sein. Ansonsten werden wir vorzugsweise technische Lösungen suchen. Mal sehen, ob elektrischer Strom (gibt es ihn im Wald und auf der Heide?) nicht auch seine “unerwünschten Wirkungen” hat, ohne dass wir den Arzt oder Apotheker dazu benennen könnten.

Insofern lässt sich verstehen, warum der vielleicht etwas sperrige Begriff der Ätherkräfte in der Anthroposophie so einen hohen Stellenwert besitzt. Dabei handelt es sich um einen Terminus, der die Lebensprozesse und das Lebendige schlechthin meint. Ein Bewusstsein dafür zu erlangen und quasi ätherrichtig denken zu lernen, ist ein wichtiges Ziel im anthroposophischen Bereich. Man braucht also nicht zu fürchten, dass Anthroposophen besondere Sympathie für ein autoritäres ökologisches Regime hätten. Sie wollen vielmehr die Verlebendigung des Denkens populär machen, sodass der einzelne Mensch in aller Ruhe das Richtige findet, ohne von außen dazu gezwungen zu sein. So mag aus wahrheitsgemäßerem Denken, welches das Leben mit umfasst, allmählich der gute Beschluss erwachsen, durch das eigene Verhalten die Natur zu entlasten. Und das in völliger Freiheit und wenn es eben so weit ist.

Die Verlebendigung des Denkens

Auch der Leser, der sich nicht zu den Anthroposophen zählt, mag bereits ahnen, dass sie unter Anderem und ganz allmählich durch bewusste künstlerische Tätigkeit gefördert werden kann. Der Wegweiser Anthroposophie hat es an diesbezüglich anregenden Beiträgen nicht fehlen zu lassen. Im Veranstaltungsteil findet sich noch mehr dazu.

Und übrigens: Demeter gibt es jetzt auch in einer österreichischen Lebensmittel Einzelhandelskette. In Bioläden und bei Denns sowieso.

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