Die vier Elemente

Die Kunst, die verfolgte, findet überall eine Freistatt: erfand doch Dädalus, eingeschlossen im Labyrinthe, die Flügel, die ihn oben hinaus in die Luft emporgehoben. O, auch ich werde sie finden, diese Flügel!    Ludwig van Beethoven

Wir werden uns in den nächsten Wegweiser-Ausgaben mit den vier Elementen – Erde, Wasser, Luft, Wärme – auseinandersetzen.

In früheren Zeiten erlebte man die Elemente nicht so abstrakt wie heute, sondern sah in ihnen Kräfte wirken, die ein Zusammenstimmen von irdischen und kosmischen Abläufen sind. Ein mathematisch konstruiertes Periodensystem der chemischen Elemente, wie es die moderne Naturwissenschaft darstellt, kannte man nicht.

Entsprechend der Elementen-Lehre des Aristoteles und deren Vertiefung durch die Geisteswissenschaft Rudolf Steiners, gibt es eine Entwicklungsfolge. Als Ursubstanz betrachtet man das Wärme- oder Feuerelement. Ihm ordnet man also ein originäres Sein zu, das folglich in andere Elemente transzendiert. Aus dem Wärmeelement geht das Licht hervor und diese Entwicklung ist verknüpft mit der Verdichtung der Wärme, durch die sich die Luft bildet. Durch weitere Verdichtungen entstehen in der Folge Wasser und die feste Erde.

Aristoteles entwickelte dazu eine Elementen-Analogie. Dem Feuer wurde die Eigenschaft warm/feucht, der Luft – warm/trocken, dem Wasser – kalt/feucht und der festen Erde – kalt/trocken zugeschrieben. Er stellte auch Beziehungen der Elemente zu den Weltgegenden, Jahreszeiten, Temperamenten, Wesensgliedern des Menschen etc. her. Der Mensch lebt in und mit diesen Elementen. Sie sind Teil seines Wesens. Sie wirken auf ihn und haben Einfluss auf seine Lebensart. Im Südosten lebt sich das warm/trockene Element aus, im Nordwesten das Kalt/feuchte… Das bedenkend kann uns zum Verständnis dienen, wie unterschiedlich Menschen in Ost, West, Nord, Süd gestimmt sind.

In dieser Ausgabe beschäftigen wir uns schwerpunktmäßig mit dem Luftelement. Im obigen Zitat sprach Beethoven aus, was unserer Zeit besonders nottut: Die Kunst, sich selbst die Flügel zu schaffen, die es ermöglichen, Seele und Geist trotz aller Mächte, die uns binden wollen, in lichte luftige Höhen zu tragen. Doch kann es gefährlich sein, wie Ikarus, mit nicht selbstgeschaffenen Flügeln, von undurchschaubaren Mächten nach oben gelockt zu werden. Sowohl die Schwere als auch die Leichte gehören zur menschlichen Natur. Der Mensch soll weder an der Erde kleben noch sich in Luft auflösen, sondern sich selbst befähigen, irdische und kosmische Sphären zu durchmessen.

Die Luft trägt neben Sauerstoff und Stickstoff Anteile anderer Elemente in sich. Sie ist ein Gemenge, welches Licht, Wärme, Wasserdampf und kleine Partikel dichter Materie in sich aufnimmt. Luft ist auch Träger der Geräusche und Laute von Mensch, Natur und deren Erzeugnissen. Wettererscheinungen zeigen sich in der Bewegung der Luftmassen. Ausgelöst werden sie durch Erdbewegung, Wärme/Kälte – Verhältnisse, Hoch- und Tiefdruckwirkungen u.a.m. Der Mensch nutzt die Luftkörperverhältnisse für seine Zwecke. Der Luftraum ist Verkehrsweg, leider vermehrt auch Kriegsschauplatz. Luft- und Gasdruck sind wichtige Elemente in der Technik …

Auf seinen Organismus können atmosphärische Veränderungen heilsam, aber auch krankmachend wirken. Mit der Atmung pflegt der Mensch ein intimes Verhältnis zum Luftelement. Ihr ausgewogener Rhythmus gibt ihm Lebenskraft.

 Norbert Liszt

In der Frühjahrs-Ausgabe 2021 des Wegweisers und auf unserer Homepage unter: https://www.anthroposophie.or.at/atem/ ist mein Artikel „Atem“ zu finden, der sich unter anderem mit dem Zusammenhang unserer Atmung mit dem Luftelement beschäftigt.

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