Eurythmie – Verbindlichkeit kontra fake

Dezember 2019.

Eurythmie. Keine Chronologie, sondern Motive zum Wesentlichen.
Von Ernst Reepmaker, Quo Vadis Eurythmie Impresariat und Angelus Huber, Zentrum für Eurythmie Wien.

EINLEITUNG

Bewegung ist Leben
Bewegung ist uns Menschen extrem nahe. Wenn in Körperbereichen die Bewegung über längere Zeit stockt, kann sich Krankheit entwickeln. Bewegliche Zellen sind ein Zeichen von Gesundheit, denn unter unserer Körper- und Bewusstseinsoberfl äche läuft dauernd Bewegung ab. Wir wissen jedoch kaum etwas von den gesetzmäßigen, meist wunderschönen Abläufen, die uns in jedem Moment aufrechterhalten, und von dem großen Aufwand und dem klugen Zusammenspiel der Kräft e, die uns unsere geistigen und körperlichen Fähigkeiten ermöglichen. Diese Vorgänge sind für unsere Augen unsichtbar und uns daher nicht bewusst.

Was ist Eurythmie?
Eurythmie ist eine sehr feinsinnige, im Ausdruck differenzierte, gefühlvolle, aber auch vitale Bewegungskunst. Rudolf Steiner, der Entwickler der Eurythmie, spricht davon, dass es zwischen den Wachstumsbewegungen unseres Körpers, zwischen den Bewegungen
unserer Sprechorgane und zwischen den Bewegungen unseres Denkens einen Zusammenhang gibt: Alle drei sind verschiedene Metamorphosen derselben schöpferischen Kraft . Die Idee hinter der Eurythmie ist, diese lebendige, schöpferische Formensprache mit dem ganzen Körper nachzubilden und dadurch dem Menschen als Wesen in all seinen Aspekten Ausdruck zu verleihen. Eurythmie wird oft als sichtbare Sprache und sichtbarer Gesang bezeichnet, der Ausdruck der Ur-Äußerungen des Menschen. Manchmal wird Eurythmie auch als eine Art von westlichem Yoga umschrieben, da sie ebenfalls von einem umfassenden Menschenbild und der geistigen Anbindung des Menschen an den Kosmos ausgeht und darum als ein Schulungsweg zur Selbst- und Welterkenntnis genutzt werden kann.

Eurythmie ist das Tanzen des ganzen Menschen
Der französische Theaterpädagoge und Zeitgenosse Jacques Lecoq beschreibt in seinem Buch DER POETISCHE KÖRPER: „Wenn wir zuschauen, wie das Meer, ein Element oder ein Material wie Wasser, Öl …, sich bewegen, haben wir es mit objektiven Bewegungen zu tun, die wir identifi zieren können und die in unserem Innern entsprechende Empfindungen wachrufen. Es gibt aber auch Dinge, deren Dynamiken wir, obwohl sie sich nicht bewegen, ebenfalls erkennen können. Das sind Farben, Wörter, Architektur. Wir können weder die Form noch die Bewegung einer Farbe sehen. Die Emotion aber, die sie in uns wachruft , kann uns in Bewegung, in Bewegtheit versetzen, bis hin zum tiefsten Bewegtsein.
Den Ausdruck für dieses besondere Gefühl suchen wir mit Hilfe der Mimages, das heißt: mit Gesten, die nicht zum Repertoire des realen Lebens gehören …“ Soweit Lecoq über einen wesentlichen Aspekt seiner Theater-Schulung.
Eurythmie, im Sinne Lecoqs, ist eine mimodynamische Kunst. Rhythmen, Räume, Wörter und Musik sind ihr Gegenstand. Sie ist weniger ein auf körperliche Virtuosität gerichteter Tanz als mehr Umraumkunst.
Die Bewegungen der Tänzerinnen und Tänzer finden ihren Ansatz im atmosphärisch und seelisch geladenen Umraum bzw. seelisch geladener Sprache oder sie kommen als Klang aus dem Innern des tanzenden Körpers. Deshalb sind die direkte Beziehung zwischen Licht- und Farbraum und die Bewegungen, Gesten und Choreografien wesentlich im Inszenierungskonzept dieser außergewöhnlichen Kunst. Die hier gewollte Tanzform ist Stimmungskunst.
Angestrebt werden nach außen umgestülpte Meditationsvorgänge: Was in der Meditation als das Durchstoßen der Sinneswirklichkeit bis hin zur Berührung mit einer seelisch-geistigen Wesenswelt erreicht werden kann, tritt hier als Bühnengeschehen hervor. In bewegten Farbräumen, in prozessorientierten Choreografien und in einer neuartigen Gebärdensprache sieht die Zuschauerin und der Zuschauer das eigene Innen- und Bewusstseinsleben gespiegelt. Eine innere Quelle eines neuen imaginativen Verständnisses von Welt und Mensch wird spürbar: „Es gibt so viele Gedanken, die nur der Körper denken kann.“ (Mats Ek, Schwedischer Choreograf)

Juliette van Lelieveld. Climate ChangeJuliette van Lelieveld. Climate Change

Beginn eines Beginnes
Dass eine Kunst, noch dazu eine Bühnenkunst durch die Hand und durch das Genie eines einzelnen Menschen in die Welt kommt, ist eine weltgeschichtliche Seltenheit. Mit Eurythmie geschieht es so und zwar dank der Bitte einer Mutter, Clara Smits, die für ihre Tochter Lory eine Tanzschulung sucht. Allerdings anders als das, was es so gab. Rudolf Steiner reagiert gleich positiv. Er sagt zu, bald mit einem Angebot zu kommen. Und er hatte tatsächlich etwas Anderes im Sinn: Eine Tanzform, die mit dem Wort, mit der Sprache arbeitet – also nicht zuerst Bewegung zu Musik.
Zur Vorbereitung auf den ersten Kurs gibt Rudolf Steiner Lory eine Menge Übungen, Aufgaben und Anregungen, womit sie sich zuerst selbst auseinandersetzen sollte. Und dann beginnt er vom 16. bis zum 24. September 1912 mit diesem einen 19-jährigen Mädchen in Bottmingen bei Arlesheim die neue Kunst Eurythmie zu entwickeln. Man weiß
heute vom ersten Schritt an, wie diese Kunst durch Lory Maier-Smits in die Welt tritt und was nach und nach dazu kommt … Es beginnt mit dem Sich-Hinein-Empfi nden in die Sprachlaute I, A und O: „Stellen Sie sich aufrecht hin und versuchen Sie, eine Säule zu empfi nden von den Ballen der Füße bis in den Kopf, diese Säule, diese Aufrechte, lernen Sie empfi nden als I. Nun verlagern Sie diese Säule so, dass der Körper hinter dem Punkt der Füße steht, dann haben Sie eine Haltung, die Sie als A empfi nden lernen sollen … Und nun kommt die dritte Haltung: Dazu bringen Sie den Kopfpunkt der Säule vor den Fußpunkt, und das lernen Sie empfi nden als O.“ Steiner spricht ab diesem Moment immer vom „Beginn eines Beginnes“, wenn er sich über Eurythmie äußert.

Bühnenkunst
In die Welt gesetzt wird die Eurythmie zu allererst als Bühnenkunst in einer Zeit der großen politischen Umwälzungen am Anfang des 20. Jahrhunderts, wo auch in allen Kunstrichtungen der Durchbruch bzw. der Schwellenübertritt in das neue Zeitalter geschieht. Es ist zugleich die Ursprungszeit des modern dance, befreit aus Konventionen, Stellungen und Posen bzw. Phrasen, Pässen und Schritten und ein guter Boden für Steiners neue Bewegungskunst.

Eurythmie ist das Tanzen des ganzen Menschen und das fordert eine eigene Bewegungstechnik. Diese wird von Rudolf Steiner folgendermaßen beschrieben: „Der geistig-seelische Mensch ist der Agierende in der Eurythmie. So muss man geistig von derselben Konzentration ausgehen wie bei jeder anthroposophischen Aufgabe. Sie muss gesteigert werden, bis in der Bewegung eine Spiegelung möglich ist. Dann ergreift sie den Willen, so dass die eigene Bewegung wie Außenwelt wird. Erst dann strömt das Gefühl in die Bewegung ein, und das Erleben wird ein eurythmisches. Es ist noch nicht eurythmisch, wenn man nur die Bewegung erlebt und von der Bewegung des Körpers ausgeht.“
Denke diese Beschreibung Steiners zusammen mit der Beschreibung von Jacques Locoq am Anfang, und du hast Ziel und Stoff der eurythmischen Kunst ergänzt um die Bewegungstechnik, wodurch diese zugleich erforscht und ausgedrückt werden. Füge eine zeitgemäße Dramaturgie hinzu, die zusammen mit dem Ensemble und aus den Persönlichkeiten Persönlichkeiten desselben entwickelt wird, und es bildet sich die besondere Qualität und Substanz auf der Bühne, die unverwechselbar hinweist auf eine neue Qualität von Gemeinschaft , bewegt ausgehend vom schwingenden Umraum und vom Klang des inneren Seelenraums.

Eurythmie im Lehrplan der Waldorfschule
Deshalb ist Eurythmie fester Bestandteil des Waldorflehrplans, weil ja Lernen immer ein ganzkörperlicher Vorgang ist. Ein Mensch ist widerstandsfähig, wenn er Dinge in sich vernetzen kann. Die Eroberung der Welt durch das Kind geht durch den Körper. Waldorfunterricht schmeckt, duft et, lauscht, wärmt und bewegt, denn variierte Sinneserfahrungen geben Selbstsicherheit. Der Leib hat ein eigenes Verstehen und eine eigene Erinnerung. Die sensomotorische Entwicklung, die Ausbildung des Gehirns und damit der kognitiven Fähigkeiten durch Inanspruchnahme vor allem der unteren, körperbezogenen Sinne (Eigenbewegungs-, Gleichgewichts-, Lebens- und Tastsinn) wie sie durch achtsame und variierte Bewegung geschult werden, ist daher Gegenstand des Unterrichts und der Forschung. Auch der gesundende Einfl uss der Eurythmie auf die Herzfrequenz-Variabilität ist bekannt. Mit der Eurythmie werden grundlegende kognitive, motorische und soziale Fähigkeiten geübt. Wenn Lernprozesse durch Bewegung unterstützt werden, verknüpfen sich Denken und Handeln.

Pädagogische Anwendung
Auch in die Schule hält die Eurythmie Anfang des 20. Jahrhunderts das erste Mal Einzug. Für die Kinder der Belegschaft einer Zigaretten Fabrik in Stuttgart wird nach Steiners Konzept eine Schule gegründet – die erste Waldorfschule. In den Fächerkanon wird von Beginn an Tanz als Pfl ichtfach vom Kindergarten bis zur 12. Klasse integriert – ein absolutes Novum in der damaligen Bildungslandschaft . Der Lehrauftrag lautete, sämtliche Inhalte des Curriculums altersgemäß in Tanz, in diesem Fall Eurythmie genannt, umzusetzen.

Was bezweckt der Schulgründer damit, Eurythmie durch alle Schulstufen hindurch unterrichten zu lassen? Um Gesellschaft stänze der damaligen Zeit geht es dabei nicht, sondern um eine neue, effi zientere Art des Lernens. Die Kinder sollen Gelerntes durch Choreografi e und Geste zu Körpererkenntnis vertiefen.

Dies ist ein revolutionärer Impuls von weitreichender Bedeutung, denn eine zu Körperwissen vertiefte Erkenntnis wird zu verbindlichem Wissen. Dieser Prozess fi ndet in unserem heutigen Bildungskonzept kaum Platz, denn heute wird das Wissen „im Kopf eingeschlossen“ („Kaputalismus“ – lat. Caput=Kopf) und der Körper als „Wissensspeicher“ vernachlässigt. Der schwedische Choreograph Mats Ek beschreibt die Eurythmie hingegen als etwas, was nur der Körper denken und ausdrücken kann und daher immer der Wahrheit, der inneren Wahrnehmung der Ausübenden entspricht.

Außerdem schult die Eurythmie die Begegnungsfähigkeit des Menschen. Sie ist Verkörperung der Lebenskunst schlechthin und gute Begleiterin auf unserem Lebensweg. Lebendige, mit Freude gemachte Eurythmie fördert das Interesse an allem und das Verständnis für andere Menschen und ihre Intentionen. Eurythmie steigert die Initiativfähigkeit, öffnet den Blick für neue Entwicklungsmöglichkeiten und deren Umsetzung. Was als Entfaltungspotential unter der Oberfl äche der Erscheinungen ‚schlummert‘, kann wahrgenommen, freigelegt und ‚entzaubert‘ werden. Das ist innere, gesteigerte und exakte Phantasie: Es ist der innere Tänzer in uns, der durch
Eurythmie geweckt, geübt und geschult wird. In den heutigen Waldorfschulen begleitet dieses Unterrichtsfach
die SchülerInnen 12 Jahre lang, also durch die ganze Schulzeit hindurch!

Erst jetzt überlegen sich TänzerInnen und Pädagog- Innen weltweit, wie Tanz im Lehrplan der öff entlichen Schulen integrierbar wäre, weil der enorme erzieherische Wert mittlerweile erforscht und erkannt ist. Es ist wesentlich, dass sich erfahrene EurythmiepädagogInnen in diese Gremien einbringen. Schließlich können die Eurythmisten auf einen
bereits hundertjährigen Erfahrungsschatz und tiefgreifende menschenkundliche Erkenntnisse zurückgreifen. Eine mimodynamische Chance!

Sozial-gesellschaftliche Aspekte

EurythmietheaterEurythmietheater Orval.Meluna … (c)Charlotte Fischer
Die Eurythmistin Annemarie Ehrlich wird gefragt, ob sie mit Arbeitern einer Schuhband Fabrik Eurythmie machen würde. Sie erklärt sich unter folgenden Bedingungen einverstanden: Annemarie Ehrlich will einige Monate in der Fabrik verbringen, um alle Arbeitsprozesse kennenzulernen. Dabei ist es ihr wichtig, z. B. selbst am Fließband zu arbeiten, um die genauen Bewegungsvorgänge bei den Tätigkeiten am eigenen Leib zu erfahren. Danach würde sie eurythmische Bewegungsübungen und Übungsabläufe überlegen, die sie dann den Mitwirkenden in den jeweiligen Abteilungen anbieten könnte, um die Einseitigkeiten, die durch den Arbeitsvorgang tagein tagaus im Körper eingegraben werden, aufzulösen bzw. etwas anzubieten, was einen Ausgleich herstellen wird.
Im Laufe der Jahre danach, entsteht und wächst aus diesem Beginn eine komplett neue Arbeitsrichtung …

Ein Vogel-Schwarm als begeisterndes Bild für eine Gemeinschaft von Menschen, die mit Bewusstheit für einander bewegen. Welche Entwicklungsaspekte braucht es um Schwarmfähigkeiten zu schulen? Was hat Eurythmie damit zu tun?

Es geht um ein Handeln, wo ich selbst zwar Zentrum bin, aber zugleich bin ich mir meiner selbst beim eigenen Tun bewußt. Ich empfi nde mein Tun in Abstimmung mit den Aktionen der Anderen. I am in Tune with the others. Die Art zu choreografieren in der Eurythmie weckt das Organ für diese gemeinte Bewegung. Das wird sichtbar an der Beziehung zwischen Körper und Umraum. Der Raum, gerade auch der Zwischenraum, spielt eine große Rolle beim eurythmischen Bewegen.

Mein Bewegungsmotiv bzw. mein Motiv zu handeln, hole ich mir aus den anderen. Ich lese meine Impulse zum Handeln ab aus dem Verhalten der anderen. Das ego-bezogene Agieren wird umgepolt zum altruistischen Tun. So ist es auch bei Annemarie Ehrlich: Sie studiert die einseitigen Bewegungsmuster der MitarbeiterInnen, vertieft das mit ihrem Körper-Erkennen und entwickelt dann einen Übungs-Kanon, um durch Bewegungen die Einseitigkeiten aufzuheben und Harmonie im Körpergefühl herzustellen. Ein sozialer, altruistischer Akt.

Bewegungsschulung wird zu Begegnungsschulung, eine wesentliche Perspektive der Eurythmie.

Denken mit Händen und Füßen
Eurythmie bezieht auch unsere Denk- und Bewusstseinskraft auf ganz spezielle Weise mit ein. Wenn man sich z.B. als Gruppe zusammen bewegt, wird eine gemeinsame Vorstellungskraft gefordert. Steht man mit fünf Personen auf einer geometrischen Fünfstern-Position im Raum und schreitet die Verbindungswege, dann merkt man sehr schnell, ob man in derselben Vorstellung lebt wie die anderen. Wenn man zusammenstößt oder sich irgendwo im Raum verliert, befi ndet man sich nicht im Einklang. Die Bewegung jedoch korrigiert das Denken. Man beginnt in ganzheitlichen Bildern zu denken, wenn die fünf Personen es schaff en, die geometrische Figur harmonisch im Raum sichtbar werden zu lassen. Man merkt, dass der Fünfstern und dadurch auch die Gruppe ein Organismus ist, wo jede der fünf Personen als ein Detail zur Ganzheit beiträgt. Übersicht stellt sich ein. Wenn man den Stern allmählich von klein zu groß wachsen lässt, beginnt man in räumlicher Entwicklung zu denken, bewegt man ihn von langsam zu immer schneller, wird ein Denken in zeitlicher Entwicklung aktiv. Wenn eine andere Gruppe von fünf Personen um die Fünfsterngruppe die Fünfeckswege bewegt, entwickelt sich ein kompositorisches und kreatives Denken, die vielen Möglichkeiten, die Formen noch mehr zu erweitern und zu verändern werden erkennbar. Wird nun die geometrische Fünfsternform als z.B. eine Blüte imaginiert und durch Veränderung der Bewegungsqualitäten auch ausgedrückt, dann kommt zum abstrakten Denken ein sinnenfälliges, imaginatives Denken dazu, das nun in Übereinstimmung mit der geometrischen Abstraktion steht.
Diese Beispiele ließen sich noch weiter fortführen, und man könnte noch weitere Bewusstseinsqualitäten erschließen. Wir sehen hier, wie der Mensch das Denken Schritt für Schritt zu einem vielfältigen, bewegten, mehrperspektivischen Kosmos entwickelt und damit fähig wird, auf mehreren Ebenen und in unterschiedlichen Qualitäten gleichzeitig zu leben und diese Vielfalt zueinander in Beziehung zu halten. Über längere Zeit so geübt, kann sich diese Fähigkeit als Wesenszug in die Persönlichkeit einschreiben.

Die Eurythmie nimmt eine Sonderstellung im sprachlichen Ausdruck der Übungsanweisungen ein, sie verfügt über ein Bewegungsvokabular, das einzig ihr allein eigen ist. Das betrifft z.B. die Gebärden der Konsonanten und Vokale, der Intervalle, des Tierkreises und der Planeten. Damit wird sie zu einer einmaligen Ausdrucks- und Bewegungskunst, die es kein zweites Mal auf der Welt gibt. Auch die Art, wie diese Gebärden in ihrer strömenden, gefühlvollen Art ausgeführt werden, ist speziell, denn sie sind als Ausdruck und Träger seelischer Qualitäten durchlässig für sprachliche Bilder, Intentionen, Gefühle und dem poetischen Spiel des Sprachklanges.

Das ZENTRUM FÜR EURYTHMIE WIEN

Das Zentrum für Eurythmie im 4. Wiener Bezirk versteht sich als Ort, wo sich ganz unterschiedliche eurythmische und andere künstlerische Aktivitäten entwickeln können und unterstützt die Künstler und Lehrenden mit Infrastruktur, Know-How und Vernetzung. Wir wollen Kristallisationspunkt und Ferment für die Pfl ege von Beziehungen sein, damit sich eurythmische Initiativen verwirklichen können.

Im Zentrum für Eurythmie Wien wollen wir das Potenzial der Eurythmie entfalten. Wir arbeiten und forschen an der Qualität und fachlichen Expertise. Wo sind die Qualitäten der Eurythmie, die nicht bloß Überlieferung und Traditionspfl ege sind? Wo stecken in der Eurythmie Antworten auf Fragen unserer Zeit?

Was wir machen
Wir bieten eine berufsbegleitende Eurythmieausbildung an. Mittelfristig soll eine Vollzeitausbildung mit einem fundierten, zeitgemäßen Lehrplan entstehen. Ab August 2020 startet eine neue Eurythmie-Therapie Ausbildung. Zur Zeit haben wir zwei Bühnengruppen und einen Sprechchor. Während des ganzen Jahres organisieren wir verschiedene künstlerische Veranstaltungen und Fortbildungen, laden Gastdozenten ein und stellen die Eurythmiestudios zur Verfügung. Außerdem veranstalten wir Laienkurse, Intensivwochenenden und führen Forschungsprojekte durch. Wir sind europaweit vernetzt und im Austausch mit Künstlergruppen, eurythmischen und anthroposophischen Institutionen und Festivals, vermitteln Eurythmielehrer und Eurythmielehrerinnen an die österreichischen Waldorfschulen, arbeiten mit Künstlern aus den Nachbarländern Tschechien, Slowakei, Ungarn zusammen und knüpfen Kontakte zu Künstlern aus nichteurythmischen Kreisen, einerseits um uns weiterzubilden und andererseits um die Bekanntheit der Eurythmie zu erweitern.

Die verschiedenen Tätigkeitsfelder befruchten einander. So profi tieren die Studierenden von den For schungsprojekten und von der künstlerischen Arbeit. Andererseits entwickeln sich aus der Arbeit mit den Studierenden laufend neue Erkenntnisse, Fertigkeiten und Methoden, welche die Forschung und Kunst bereichern. Das Dreieck Forschung – Lehre – Kunst ist deshalb für uns wesentlich, weil es ungemein werteschaff end ist.

Ausbildung
Wir arbeiten daran, passende Ausbildungswege zu fi nden, da weltweit die Nachfrage nach berufsbegleitenden Ausbildungen steigt und die Bereitschaft sinkt, vier Jahre plus ein fünft es Jahr für ein Vollzeitstudium zu investieren. Eurythmie verlangt zweifelsohne ein intensives und längerfristiges Üben, bis man von fundierten Fähigkeiten auf instrumenteller Ebene des Leibes sprechen kann.

Wir bekommen viele Anfragen von Menschen, die darauf brennen, mit der Eurythmie aktiv im Leben zu arbeiten, wobei der Fokus dabei auf der Anwendung der Eurythmie liegt. Deshalb stellen wir uns die Frage, ob es nicht Wege gibt, wie eine berufliche Arbeitsfähigkeit als Eurythmist und Eurythmistin schon früher einsetzen kann und nicht erst nach vier bzw. fünf Jahren, ohne dass die Qualität der Fähigkeiten darunter leidet. Dabei richten wir unser Augenmerk vor allem auf Fragen der Methodik. Wenn wir die Wirkgesetze genauer kennen, wie bspw. ein Geist – Seele – Leib – Kraft schluss zustande kommt, dann könnte augenblicklich eine strömende, durchlässige, von innen her getragene und geistig angebundene Eurythmiebewegung im Studierenden da sein. Wir richten daher unseren Fokus darauf, in der täglichen Arbeit im Ensemble, mit den Studierenden, in unseren Forschungsstunden, diese Wirkgesetze noch besser verstehen zu lernen. Diese Art von Grundlagenforschung bringt mit der Zeit immer fundiertere Ergebnisse hervor.

Vernetzung
Dank unseres europaweiten Netzwerkes können wir auch die österreichischen Waldorfschulen unterstützen, indem wir Eurythmie-Lehrer und -Lehrerinnen vermitteln und Fortbildungen und Ausbildung für bestehende und zukünft ige Eurythmie-Lehrer und -Lehrerinnen anbieten. Hierbei arbeiten wir eng mit der Sektion am Goetheanum in Dornach/CH zusammen, wo die Erarbeitung und Pflege wichtiger Ausbildungsqualitäten koordiniert wird. Da der Zuzug von Eurythmisten und Eurythmistinnen aus dem Ausland sehr begrenzt ist, zukünft ig auch Pensionierungen anstehen und jetzt schon mehrere Schulen keine geeignete Lehrkraft mehr fi nden, ist es wichtig, dass die Eurythmieausbildung in Wien als die einzige in Österreich, eine fundierte Unterstützung von all den Menschen und Einrichtungen in Österreich erfährt, die wollen, dass Eurythmie weiterhin in Österreich besteht.

Beitragen und Unterstützen

Wir laden Menschen, die an Kunst im Allgemeinen und Eurythmie im Speziellen interessiert sind, herzlich ein, ihre Aktivitäten hier auszuüben, bei diesem Netzwerkprojekt mitzuarbeiten. Es ist noch Raum für initiativreiche, visionär denkende und tatkräft ige Eurythmisten und Eurythmistinnen. Wir brauchen auch Menschen in der Organisation.

Bitte nehmen Sie Kontakt mit uns auf, wenn Sie einen unterstützenden Impuls haben. Auch eine finanzielle Grundlage ist für das Gedeihen wesentlich. Eine solide Basis entsteht für uns, wenn Sie Vereinsmitglied mit einem kleinen monatlichen Mitgliedsbeitrag werden.

Denn Stiftungen, die uns unterstützen, schätzen es, wenn eine Zahl von Mitgliedern als starke Basis vor Ort vorhanden ist. Die Menschen, die im Zentrum arbeiten und sich dafür mit ganzer Kraft für sein Wachsen einsetzen, tun dies mit großer Einsatzfreude und Stärke. Das Durchhalten auch in schwierigen Situationen gelingt ihnen, weil andere Menschen mittragen und unterstützen und daraus eine lebenstaugliche Partnerschaft entstanden ist.

Das EURYTHMIE ENSEMBLE WIEN

Eurythmieensemble WienEurythmieensemble Wien

Derzeit haben wir zwei feste Ensembles, eines, das sich speziell um die Jahresfeste hier im Haus kümmert, und ein anderes, das mehr nach außen orientiert ist, auf Tournee geht und versucht, neues Publikums zu begeistern. Außerdem probt die Kompanie Vonnunan hier.

Bei uns hat sich ein Rhythmus aus Forschung und künstlerischer Produktion ergeben. Gemeinsam künstlerisch zu forschen, ist ein sehr professionelles Unterfangen.

Je tiefgreifender wir unsere handwerklichen Grundlagen verstehen, desto besser können wir durch unsere künstlerische Arbeit beim Zuschauer Wirkungen erzeugen, Erlebnisse hervorrufen und den Betrachter ins Geschehen einbeziehen.

So haben wir z.B. bei der letzten Produktion „Thomas der Schwindler“ in einem Kernteam etwa fünf Monate an grundlegenden Fragen der Dramaturgie geforscht. Vielfältige Miniaturübungen sind daraus entstanden, wobei jede in sich eine prinzipielle künstlerisch wirksame Idee fasst. Diese Ideen probieren wir an vielen verschiedenen, wahllosen Werken (Texte, Musikstücke) aus. Gleichzeitig strecken wir die Fühler nach unserem eigentlichen Hauptwerk aus, das dann irgendwann seinen Weg zu uns findet. Dann kommen weitere Darsteller dazu, und der Startschuss zur eigentlichen Choreographie beginnt, für die wir etwa drei Monate brauchen. Je fundierter die Forschungsphase, desto fl üssiger ist die Werkentstehung. Derzeit spielen wir entweder bei uns im Haus oder vornehmlich an Waldorfschulen und Waldorf-Kindergärten und auf Eurythmie-Festivals. Bald werden wir auch sogenannte Lunch-Konzerte anbieten, d.h. Kurzaufführungen untertags für die Menschen in der Umgebung, um den Arbeitsalltag aus anderer Perspektive zu bereichern.

Wien war immer ein multikultureller Ort an der Schnittstelle zwischen West- und Osteuropa. Wir freuen uns deshalb besonders, die universelle Sprache der Eurythmie hier pfl egen und mit vielen Menschen teilen zu können.

QUO VADIS EURYTHMIE IMPRESARIAT (WIEN / BERLIN)

Agentur und Diskurs / Professionelle Bühnenproduktionen on tour / Internationale Festivals & Eurythmie Circuit

Quo Vadis ist eine Agentur für Bühnenarbeit mit Eurythmie in Österreich, Deutschland, Holland und der Schweiz mit dem Ziel, eine Infrastruktur für Gastspiele von professionell auft retenden Ensembles, Solisten und Solistinnen aufzubauen. Die Quo Vadis Agentur präsentiert Bühneneurythmie auf hohem Niveau.

Das Impresariat bietet den Künstlerinnen und Künstlern ein weitgestreutes Spektrum an Zielgruppen, Kontexten und Services. Gefördert werden choreographische und dramaturgische Schulung, die Gründung neuer Kompanien mit eigenen originellen Stilrichtungen durch finanzielle Unterstützung bzw. Existenzsicherung durch Garantiefonds und Förderungen für Ensembles und Solistinnen und Solisten, die maßgeblich von der Bühnenarbeit leben wollen. Das können z.B. Stipendien für Artists-in-Residence sein oder Preise/Prämien für Ensembles, die sich durch neuartige dramaturgische Konzepte auszeichnen, etc. An ausgewählten Orten werden Jahres-Abonnements eingerichtet und diverse Formate wie Festivals, Messen, Try Outs, usw. angeboten. An solchen Orten kann man sich über den Stand der Dinge und die Qualität der Angebote Überblick verschaff en. Ein Netzwerk passender Spielstätten (z.B. Th eater mit 120 bis 200 Plätzen) und spezifischer Kontext-Orte wird aufgebaut.

Generell soll Bewusstsein für die besondere Lage der professionell arbeitenden Künstlerinnen und Künstler geweckt werden. Ein Diskurs zu Bühneneurythmie der Gegenwart wird angeregt: www.quovadis-impresariat.eu

MOVOPOESIE – 3. WIENER EURYTHMIE FESTIVAL, 6 – 8. März 2020

Mit Eurythmie Performances in den Wiener Waldorfschulen, im Weltmuseum Wien, im Spitzy Auditorium am Gelände des Orthopädischen Spitals Speising, 13. Bez., im Maurer Schlössl und in der Wotruba Kirche, 23. Bez.; dazu Workshops, Symposium, Restaurant und Café.

Orval. Meluna(c)Charlotte FischerOrval. Meluna(c)Charlotte Fischer

Zum dritten Mal veranstalten das Quo Vadis Eurythmie Impresariat und das Zentrum für Eurythmie in Wien gemeinsam ein Festival mit dem Ziel, dem Publikum ein breites Spektrum an Stilen und Themen zu präsentieren. Sechzehn Ensembles bzw. Solisten und Solistinnen aus Holland, Deutschland, Österreich, Tschechien, aber auch Georgien, Israel, Argentinien, Uruguay, Russland und Japan werden ihre aktuellen Produktionen zeigen. Für alle Altersgruppen wird es etwas Besonderes, Außergewöhnliches geben.

Wie in den vorigen Jahren wird es auch bei dem aktuellen Festival darum gehen, den Zusammenklang zwischen Orten mit einer besonderen Ausstrahlung, Stimmung und Wirkung und entsprechende eurythmische Werke erlebbar zu machen. Künstlerische Symbiosen aus Architektur, Raum, Choreografi e, Kostüm, Objekte, Musik, Sprache, Licht und Farben werden erzeugt, um das Wesentliche und Eigentliche der bespielten Orte zum tiefen Erlebnis werden zu lassen.

Ein kleiner Griff aus dem Angebot
Am Freitagabend, dem 6. März, wird die koreanisch-deutsche Eurythmistin und Butoh-Tänzerin Miranda Markgraf ihr aktuelles Programm DAS NEUE STEHT UND SCHWEIGT im Maurer Schlössl präsentieren. Dabei baut sie bewegte Brücken zwischen ihren koreanischen Wurzeln und ihrem jetzigen Sein und Leben in Europa. Es gesellt sich Hans Wagenmann dazu, mit dem dritten Teil seines Zyklus HEIMATEN.

Am Samstag, dem 7. März, steht neben einem bunten Strauß mit Performances, Workshops und einem Symposium abends eine Vorstellung des weltweit berühmten Stuttgarter Eurythmeums Else Klink Ensemble im Spitzy Auditorium auf dem Programm. Dazu im Vorprogramm eine Darbietung der 12. Klasse des Waldorfské Lyceum Praha unter der Leitung von Barbora Forbaková. Diese außergewöhnliche Eurythmie-Dozentin erreicht mit ihren Prager Schülerinnen und Schülern ein erstaunlich hohes Niveau bei der eigenständigen Gestaltung von Produktionen mit Eurythmie.

Und am Sonntag, dem 8. März sehen Sie eine Matinee im Maurer Schlössl mit dem Publikumsliebling Eurythmietheater Orval mit MELUNA, DIE KLEINE MEERJUNGFRAU nach Hans Christian Andersen für die ganze Familie! Und am Nachmittag in der Wotruba Kirche am Georgenberg führt das internationale Schostakovitsch Ensemble eine für diesen Sakralraum stimmige Produktion mit Musik und Orgel auf: ADAM, DER MENSCH ZWISCHEN LICHT UND FINSTERNIS.

Wir freuen uns auf Ihr Kommen und wünschen Ihnen gute Unterhaltung!

19 4 Dez,.Ausg.Bilder Autoren

MOVOPOESIE – TICKETS UND TICHTSÄTZE

EURYTHMIE CIRCUIT

Eine Initiative des Quo Vadis Eurythmie Impresariat (Wien/Berlin)

Eurythmie Ensemble Wien. Die Bienenkönigin(c)Niklas StälhammarEurythmie Ensemble Wien. Die Bienenkönigin(c)Niklas Stälhammar

Wir möchten mit Eurythmie Circuit professionell produzierende Eurythmie-Künstler und Künstlerinnen regelmäßig Spielorte zu Verfügung stellen, damit sie ihre Arbeiten großräumig einem interessierten Publikum präsentieren können. Die Eurythmie als performative Kunst, aber gerade auch die Performerinnen, die Performer und Ensembles können so zu mehr Bekanntheit gelangen. Unter Umständen gelingt uns auch eine bessere Verankerung in der zeitgenössischen Kulturlandschaft .

So könnte es gehen: Sechs bis acht von Quo Vadis ausgesuchte Spielorte – es geht um Schulen, Th eater (Säle für ungefähr 120 Besucher) und Kulturzentren – kommen in Betracht für ein EURYTHMIE CIRCUIT. Diese Orte sind geografisch in einem weit gestreuten Kreis eingeordnet. Ensembles, Solisten und Solistinnen können diesen Parcours von Ort zu Ort fahrend als Tournee durchqueren. Ziel: Sechs Mal pro Jahr, also in etwa jeden zweiten Monat, kann ein anderes Ensemble, eine andere Performerin, ein anderer Performer in diesem Circuit auf Tournee gehen.

Die sechs Termine werden für jeden Ort früh genug bestimmt. So haben die Künstlerinnen und Künstler, die Gruppen, die Organisatoren und Organisatorinnen, das Publikum und die Presse eine klare Ausgangslage. Dadurch entsteht eine gute Routine. Die Preise für die Saalmieten sind festgelegt, das gleiche gilt für die Ticketpreise (z.B. in Form von Abonnements), aber auch die Künstlerhonorare sind abgestimmt auf ein gängiges Maß und dann fixiert.

Wir stellen uns vor, in Holland und Österreich jeweils einen Circuit- und in Deutschland bis zu fünf solcher Circuits aufzubauen. Somit könnten sechs bis sieben Gruppen gleichzeitig jeweils ein Circuit mit ihren aktuellen Produktionen bereisen. Wir denken dabei an fertig produzierte Vorstellungen, Try Outs mit Feedbacks vom Publikum, Dialog-Veranstaltungen Eurythmie/Tanz, Impro-Arbeiten im Dialog mit dem Publikum (die in Holland als Meet-Ins bereits Bekanntheit genießen) und weitere Formate.

Das Publikum, die Presse, Theaterintendantinnen und Th eaterintendanten können sich so mit der Zeit über den aktuellen Stand der Bühneneurythmie und ihren Vertreterinnen und Vertretern innerhalb der lokalen und der internationalen Eurythmieszene einen Überblick verschaff en. Dieses Netzwerk von acht Spielorten wird im Laufe der nächsten Jahre sukzessive von der Quo Vadis Agentur in Zusammenarbeit mit Kollegen und Kolleginnen und begeisterten Mitwirkenden, aufgebaut, und sich dann jährlich als Tourneekarrussel drehen können. Dieser Text ist somit auch als AUFRUF gemeint! Wo sind initiative Eurythmisten und Eurythmistinnen und zum Mitorganisieren begabte Interessierte bereit sich in ihrem Ort für diesen Impuls einzusetzen? Ich freue mich über Zuspruch und konkrete Vorschläge.

Ernst Reepmaker, Impresario Quo Vadis Eurythmie Impresariat (Wien/Berlin)
Mobil: +43 699 100 740 27, reepmaker@quovadis-impresariat.eu

WWA_Ausgabe40_07Kompanie Vonnunan. Shifting Reality(c)Lena Engel

 

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